In einem Bericht wirft «Amnesty International» Israel einen Genozid gegen die palästinensische Bevölkerung vor. In Bundesbern sorgt dies für Diskussionen und der jüdische Gemeindebund sieht die Hauptverantwortung für das Leiden bei der Hamas.

Bundesbern: Völkermord-Vorwurf gegen Israel sei «fahrlässig und einseitig».

«Amnesty International» erhebt schwere Vorwürfe gegen Israel: Der Staat verübe im Gazastreifen einen Völkermord an den Palästinensern. Der Bericht sorgt in Bundesbern für Diskussionen.

In einem neuen Bericht wirft «Amnesty International» Israel vor, im Gazastreifen einen andauernden Völkermord an der palästinensischen Zivilbevölkerung zu verüben. Die Menschenrechtsorganisation habe «hinreichende Beweise» gesammelt, um diesen Vorwurf zu untermauern. Deshalb verlangt Amnesty International einen sofortigen Waffenstillstand und ein umfassendes Waffenembargo gegen Israel. Dazu stellt die Menschenrechtsorganisation eine Reihe von Forderungen – auch an die Schweiz, was unter der Kuppel des Bundeshauses für Diskussionen sorgt.

SP-Nationalrat und Aussenpolitiker Fabian Molina erklärt, dass sich die Hinweise auf einen Genozid an den Palästinensern verdichten würden – auf die Forderungen von Amnesty möchte der Sozialdemokrat nicht im Detail eingehen, «unabhängig davon steht die Schweiz in der Pflicht alles zu tun, damit das humanitäre Völkerrecht eingehalten und die Zivilbevölkerung geschützt wird. Molina erklärt, dass Amnesty International lediglich zusammenfasse, was westliche Staaten nicht hören und zugeben wollten. Damit ist auch SP-Ständerat Carlo Sommaruga einverstanden, welcher der «Freundesgruppe Schweiz-Palästina» im Parlament vorsitzt. Auch die Forderungen von Amnesty International seien völlig gerechtfertigt: Die Schweiz könne in der UNO-Generalversammlung eine entsprechende Resolution einbringen, betont der Genfer. Es sei unerlässlich, dass Friedensverhandlungen aufgenommen werden.

Andere Töne stimmt SVP-Nationalrat Alfred Heer an: «Interessant ist, dass der Überfall der Hamas kaum und das Abschlachten von Säuglingen, Kindern und Frauen gar nicht zur Sprache kommt – ebenso wenig die Verschleppung von Geiseln.» Der Bericht sei deshalb unglaubwürdig, so Heer – denn Israel sei alleine deshalb im Gazastreifen. «Ausserdem ist es die Hamas, welche die palästinensische Zivilbevölkerung malträtiert und als menschliche Schutzschilde missbraucht.» Von den Forderungen hält der Zürcher entsprechend wenig: «Die Hamas muss die Geiseln sofort freilassen – erst dann können wir über weitere Forderungen sprechen.»

Auch Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG), kritisiert den Bericht. Legitim findet er anzuerkennen, dass «auch die palästinensische Zivilbevölkerung in Gaza Leid erlebt.» Israel sei aber nicht «einseitig für die gesamte Situation» verantwortlich. «Die Hamas trägt die Hauptverantwortung für das Leid der Menschen auf beiden Seiten der Grenze», so Kreutner.

Insgesamt sei die Beweislage sehr dünn – was im Bericht auch eingeräumt werde: «Amnesty International zieht etwa unter anderem Kampfrhetorik politischer Extremisten herbei, um dem gesamten Staat Israel genozidale Absichten zu unterstellen.» Auch der SIG verurteile Aussagen von gewissen Rechtsaussen-Politikern. Aber: «Diese vertreten aber keineswegs die Haltung der ganzen israelischen Regierung, des Staates Israel oder der israelischen Bevölkerung.» Daneben stört sich Kreutner am Begriff «Subhuman» im Titel des Berichts. «Trotz dünner Beweislage hantiert Amnesty International mit Begriffen, die in der NS-Zeit verwendet wurden. Das ist historisch unsensibel, fahrlässig und naiv. Da darf man sich fragen, ob der Bericht nicht nur die Delegitimierung des jüdischen Staates zum Ziel habe, so Kreutner weiter.»