Ein Portugiese nutzte das Schweizer System für Taggelder aus und erschlich so über 700’000 Franken. Mit der Zeit baute er mithilfe von Komplizen ein regelrechtes kriminelles Netzwerk auf.

Sozialbetrug: Portugiese erschleicht 700'000 Franken mit erfundenen Unfällen

Ein 45-jähriger Portugiese steht im Visier der Schweizer Justiz wegen Sozialversicherungsbetrug. Er inszenierte Unfälle am ersten Arbeitstag, um Taggeldzahlungen zu erschleichen. Insgesamt 14 Migranten aus verschiedenen Ländern waren in den Betrug verwickelt.

Ein 45-jähriger Portugiese steht im Visier der Schweizer Justiz – genauer gesagt, der Spezialabteilung für Sozialversicherungsbetrug in den Kantonen Zürich und St. Gallen sowie in Liechtenstein. Der Portugiese hat innerhalb von drei Jahren rund 700’000 Franken ergaunert (sic!). Seine Strategie: Mit inszenierten Unfällen am ersten Arbeitstag täuschte der Mann systematisch Ärzte, Firmen und Versicherungen.

2021 war der Portugiese nach einiger Zeit in Süddeutschland in den Kanton Zürich gezogen, wo er eine Stelle auf dem Bau annahm. Nach einem Arbeitsunfall Mitte März desselben Jahres entdeckte er das Schweizer System der Taggeldzahlungen: 80 Prozent des Lohns bei ärztlich attestierter Arbeitsunfähigkeit.

Laut Ermittlungen war der 45-Jährige bald wieder gesund, täuschte jedoch mithilfe wohlgesonnener Ärzte weiter Beschwerden vor. Ab Juni 2021 arbeitete er parallel auf Baustellen in Liechtenstein – und inszenierte auch dort einen Unfall. Zehn Monate lang kassierte er gleichzeitig Leistungen aus beiden Ländern – bis zu 11’000 Franken monatlich.

Berauscht vom Erfolg sprach der Mann Landsleute in prekären Verhältnissen – Arbeitslose, Obdachlose oder Suchtkranke – an. Insgesamt 14 Personen aus Portugal, Irland und Deutschland liessen sich auf die Masche ein. Der Portugiese erstellte für sie gefälschte Lebensläufe, eröffnete E-Mail-Konten und richtete Bankverbindungen ein, deren Zugangsdaten er selbst behielt.

Die Betrüger-Truppe verfolgte dabei immer dasselbe Muster: Am ersten Arbeitstag täuschten sie jeweils einen Unfall vor. Der Portugiese begleitete sie in bestimmte Zürcher Kliniken und vermittelte sie gezielt an Ärzte, die wenig nachfragten. In Liechtenstein wurde das kriminelle Muster wiederholt. Einige Männer bezogen zudem gleichzeitig Sozialhilfe in Deutschland.

Der Portugiese wurde im Frühling 2024 durch eine Anzeige aus seinem persönlichen Umfeld enttarnt, heute sitzt er im vorzeitigen Strafvollzug. Er gestand die Tat und gab an, seinen Komplizen meist nur geringe Beträge ausbezahlt zu haben. «Er hat alle seine Mittäter ans Messer geliefert und dadurch dazu beigetragen, dass wir den Fall umfassend klären konnten», sagt ein Ermittler zum «Tages-Anzeiger». Ende Juni erhebt die Staatsanwaltschaft St. Gallen Anklage gegen 15 Personen. Dem Portugiesen drohen mehrere Jahre Haft, den anderen bedingte Strafen und Landesverweise von bis zu zehn Jahren.